Ambitioniertes und trotzdem entspanntes Rudern: das geht.
Von: Team Vintage
Die zur Eintragung beim Bundesamt für geistiges Eigentum angemeldete «Vintage-Methode»© ist daran, den (Fitness-)Rudersport zu revolutionieren. Acht junge, junggebliebene und nicht mehr ganz so junge Rudersportler des See-Club Zug zeigen sich überzeugt, um nicht zu sagen begeistert ob der von Ihnen eigens entwickelten Form der Trainingsgestaltung, die ein Dreifaches verspricht: Abwechslungsreiche Trainings, technische Fortschritte ohne externes Coaching sowie Stärkung des Freundschaftsgeistes – kurz: rudersportliche Freude at its best. Dieser Artikel beschreibt, um was es geht und wie die Vintage-Methode funktioniert.
Wer oder was ist das Team Vintage?
Das Team Vintage hat sich - vor einigen Jahren - aus einem Frühmorgens-Mastertrupp rund um Henning Röth, Saemi Meier, Hilmar Meienberg, Othmar Keiser und Silvan Frik herausgebildet. Einst noch als Enthusiasten «zwecks Beförderung des gepflegten Ruderschlags» unterwegs, hat sich das «Team Vintage» entwickelt, indem nach und nach Andreas Landtwing, James Meier und Adrian Severin hinzugestossen sind. Sie alle haben vergangenes Jahr mit dem Doppelvierer «Vintage» dem Club - und sich natürlich auch - ein Geschenk gemacht. Da muss nebst finanziellen Mitteln Teamgeist und grosse Freude am gemeinsamen Tun vorhanden sein. Wie kommt’s?
Was ist das bekannte Problem beim Teamrudern im Fitnessbereich?
Wer kennt das nicht: Man trifft sich im Club in freudiger Erwartung auf eine gelungene Ruderausfahrt – und hatte schon auf dem Weg ins Bootshaus dieses etwas klamme Gefühl: Auf welchem Platz sitze ich denn heute? Kommt die Andere mit diesen plumpen pinkigen Pants und dem langsamen Vorrollen heute auch wieder? Und an den Bug will ich sicher nicht noch einmal platziert werden, hab’ mir ja ‘nen Hals geholt beim letzten Mal! Ohnehin bevorzuge ich aufgrund meiner Leistungskilometer nun ganz einfach jedes Mal das schnellere Boot. Ich habe mich vorletzte Woche schon mit den beiden – ich sag’s mal höflich: etwas sehr korpulenten - Neulingen ausreichend abgegeben! Ja, und hoffentlich gibt die Schlagfrau heute dann endlich mal klarere Kommandi als am letzten Sonntag – hab’ ja von hinten gar nichts verstanden. Natürlich auch, weil der Schlacks, der früher mal angeblich Rennen gerudert ist, immer reingequasselt hat mit Techniktipps.
Als ob wir nicht schon genug debattiert hätten: Schon bei Beginn war Druck im Kessel, weil Kuno und Lisa auf die Wetterapp geschaut haben und wegen des erst für Nachmittag angesagten Westwinds partout nach Cham rudern wollten – und wir Anderen zum Inseli. Ach ja, und Fussteuer geht auch gar nicht! Hab’ ich nie gelernt und das auch immer so gesagt.
Und so weiter und so fort.
Was ist die Lösung? «Vintage-Rudern»!
Die Methode des «Vintage-Ruderns» setzt auf eine kleine Anzahl von Verhaltensregeln, die deshalb so akzeptabel ist, weil deren Grundätze unbestreit- bar sind: Die «Vintage-Methode»© ist kompromisslos konsensual, berechenbar und irgend- wie demokratisch. Sie geht von einem Grundverständnis aus, das sich in folgenden Sätzen beschreibt:
• Eine Jede und ein Jeder sind gleich. Wir Alle sind gleich, keine / keiner ist besser.
• Alle können sich gleich welchen Erfahrungshorizonts ständig weiterentwickeln.
• Wir Alle haben mal gute Tage und mal weniger gute Tage.
• Alle wissen: Jede/Jeder gibt sich Mühe, das Beste zu geben.
• Geben Alle etwas, läuft es. Und wenn es mal nicht läuft, kann es an einem Jeden und einer Jeden liegen.
• Wir sind alle «im selben Boot».
Wie im richtigen Leben. Das hat durchaus was Metaphorisches, ja vermeintlich Philosophisches an sich.
Konkretisiert beinhaltet die «Vintage-Methode»© Folgendes:
• Alle können und sollen auf jedem Platz im Boot zu rudern wissen.
• Niemand sitzt in zwei aufeinanderfolgenden Ausfahrten auf demselben Platz.
• Immer ist eine Andere resp. ein Anderer die trainingsleitende Person.
• Wenn wir im Clubhaus ankommen, ist bereits klar, wer auf welchem Platz sitzt und welche Funktion hat.
• Im Boot spricht nur eine Person (die Anderen halten die Klappe – Pausen und Notkommandi des Bugplatzes natürlich ausgenommen).
Im Konkreten erfordert das «Vintage-Rudern» folgende Vorkehrungen (Beschrieb für ein Viererteam):
Funktionen im Boot / während des Trainings:
• Ruderplatz 1: Bug und (meist gleichzeitig) Fusssteuerplatz; kontrolliert den Fahrraum
• Ruderplatz 2: Trainingsleitung / Kommandi / Kontrolle der Ruderdistanz / Entscheid über Fahrtrichtung / «Stimme im Boot» bzw. «Tageschefin/Tageschef»
• Ruderplatz 3: Konterschlag, ansonsten keine spezielle Funktion (für gewöhnlich der Platz für Gastruderinnen/Gastruderer ausserhalb des Teams)
• Ruderplatz 4: Schlag, er/sie macht den Logbucheintrag
Funktion / «ausserhalb» des Bootes:
Eine/Einer führt Buch, d.h. protokolliert die Ruderplatzverteilung jeder Ausfahrt und teilt vor der nächsten Ausfahrt die neuverteilten Plätze zu. Er/sie versendet dazu spätestens 30 Minuten vor dem Bootfassen mittels (Whatsapp-)Chatgruppe die Sitzordnung für die kommende Ausfahrt (merke: das «Team Vintage» zählt acht Ruderkumpel – das gibt jede Menge denkbarer Kombinationen). Insbesondere die für Platz 2 zugeteilte Person («Tageschefin/Tageschef») hat dann Zeit, sich ein passendes Training bis zum «Mitenaaaaand-weg» auszudenken.
Die buchführende Person ist effizienterweise immer dieselbe und jene, die verhältnismässig oft mitkommt. Sie kann aber auch dann die Sitzplatzverteilung durchgeben, wenn sie mal nicht das Training mitmacht.
An einer programmierten, quasi selbstgesteuerten Lösung, sprich: App, tüftelt das «Team Vintage» noch herum5. Mitglieder des See-Club Zug werden die App – wenn sie dann mal kommt – natürlich gratis über App-Stores beziehen können. Wir versprechen das.
Die buchführende Person ist auch jene, die stets zwei Reserve-Bootsputz-Lappen für den Fall mitbringt, dass alle übrigen herumliegenden Putzlappen schön durchgenässt sind und/ oder alle schon dreimal im Kies gedreht wurden. Schliesslich bringt die buchführende Person auch stets etwas Putzmittel mit (Motto «Viel hilft Viel»), damit der Schwamm denn auch richtig schön schäumt beim Putzen der Bootsschale6.
Benefits der «Vintage-Methode»©
Die Vorteile der «Vintage-Methode»© sind offensichtlich:
• Ausfahrten sind für Alle abwechslungsreich, v.a. weil stets eine andere Person das Training leitet (über die Zeit zeigen sich natürlich gewisse «Trainings-Stile» der jeweiligen Nr. 2, aber interessant auch, dass man sich als Nr. 2 über die Zeit auch das eine oder andere von den Teammates abguckt und/ oder fortentwickelt respektive neu in die eigene Trainingsleitung einbaut etc. etc.).
• Die steten Sitzplatzwechsel hemmen den Drang zur Entwicklung für «Vorlieben». Sie schärfen dafür die Konzentration, sich anzupassen, je nach dem, hinter oder vor wem man zu sitzen kommt.
• Daraus folgt auch: man muss sich strikte auf ein gemeinsames Verständnis eines uniformen Ruderschlags bzw. einer einzigen Ruderschlagstruktur einigen (man kann m.a.W. nicht jedes Mal je nach Schlagfrau/ Schlagmann die Schlagstruktur neu definieren; noch anders gesagt: Es gibt nur eine Rudertechnik. Und die ist immer die Gleiche.)
• Es gibt keine Sitzplatz-Diskussionen mehr im Bootshaus - und auch keine Ausreden in letzter Minute.
• Mit der Zeit kennt auch eine Jede und ein Jeder, wie er den jeweiligen Platz trimmen muss (und dies grundsätzlich auch dann, wenn das Boot mal gewechselt werden muss).
• Jede/Jeder weiss: Ich komme in jeder Funktion regelmässig dran. Und die anderen auch. Das nennt sich fair und kann ich als sozialer Mensch nur gut finden. Jede/Jeder ist mal Chefin/Chef. Und tritt dann wieder «zurück», um dann später wieder zu übernehmen usw. usf. Die ständigen Rotationen werden zur Routine – «unpassende» Bootszusammensetzungen gibt es nicht mehr.
• Im Boot spricht nur eine Person. Gegenseitige, spontane Techniktipps und gutgemeinte (aber auf der ganzen Welt nirgends gern gehörte) Ratschläge wie «Luki, hebe die Blätter nach dem Finish etwas höher aus dem Wasser» sind passé. Während der Pausen kann freilich ein Technik-Austausch stattfinden. Meist ist das aber unnötig: Jede/Jeder weiss, auf was man punkto Technik achten soll. Und die Nr. 2 sagt ja bereits, was heute auf dem Programm steht und was während der Fahrt getan und ver- bessert werden soll – zwar vielleicht gerade nicht das, was man erwartet hat oder selber ein- bringen würde, weshalb aber umso mehr gilt: Klappe halten!
Für grössere Bootskategorien, d.h. 5er aufwärts, lässt sich die «Vintage-Methode»© ganz einfach übertragen. Die «Stimme des Bootes» wird beim 5er bis 8er wohl am ehesten der Ruderplatz 3 haben. Ist eine (erfahrene) Steuerfrau/Steuermann mit an Bord, ändern sich gewisse Funktionen. Sicher nicht falsch, in diesen Fällen vor der Ausfahrt mit dem Cox ein Briefing zu machen.
Für Riemenboote funktioniert die «Vintage-Methode»© natürlich mutatis mutandis. Hohe Schule, wenn Alle Back- und Steuerbord im Wechsel rudern können. Ansonsten denkbar, dass «nur» die jeweiligen Seiten gewechselt werden.
Und wo das «Gefälle» zwischen den Erfahreneren und weniger Geübten gross ist, funktioniert die «Vintage-Methode»© ebenfalls.
Natürlich bedarf es in solchen Gruppen etwas mehr an Zeit, bis die friedensstiftende Routine einsetzt. Das Team Vintage ist aber überzeugt davon, dass die Lernkurve in diesen Gruppen umso steiler sein kann. Und bei Wanderfahrten oder sonstigen längeren Ausfahrten, insb. in Gig-Booten: Es ist nicht verboten, während der Ausfahrt die Plätze zu tauschen.
Zusammenfassung
Die «Vintage-Methode»© schafft ein Dreifaches:
• Geistiger Frieden im Boot bzw. während der Ausfahrt durch eine klare Aufgabenverteilung und eine kompromisslos konsensuale mentale Haltung. Allein die Einigung auf den Modus der «Vintage-Methode»© ist ein Vertrauens-Statement aller Teammates – noch bevor die erste Ausfahrt beginnt.
• Technische Fortschritte sind möglich, ohne dass extern gecoacht wird. Die stete Ruderplatz-Rotation erfordert ein gesteigertes «Auf-Einander-Eingehen-und-Achten» und lässt zudem jedem Teammitglied Raum für Selbstcoaching mittels Vergleichs mit vorangehenden Ausfahrten (auf anderen Rudersitzen).
• Die «Vintage-Methode»© fördert den Teamspirit auf hoch- effektive Weise. Es ist gelebte Freundschaft. Alle sind gleich. Wenn es mal nicht läuft, liegt es nicht an der Schlagfrau oder am Bug oder der Nr. 2, weil das nicht wirklich feststellbar ist, denn wir sitzen ja immer anders. Der Erfolg der Methode liegt nicht darin, dass es mal super und mal weniger super läuft, sondern dass es mit der Zeit nie mehr «gar nicht läuft».
Eigentlich ist Vintage-Rudern also wie eine Metapher auf das gute, sinnvolle gemeinschaftliche Leben. Es bringt derjenigen resp. demjenigen, der die «Vintage-Methode»© anwendet, vielleicht nicht gerade die Erleuchtung. Die «Vintage-Methode»© verspricht aber geistigen Ruderfrieden, indem man sich einlässt auf das Interesse Aller an einer gelungenen Ruderausfahrt und sich gleichzeitig lossagt von allzu grossen individuellen Befindlichkeiten. Mit der «Vintage-Methode»© akzeptieren Alle so etwas wie einen Plan, bei welchem die steten Wechsel und Veränderungen mit der Zeit zu einem eigentlich nicht zu erwartenden gegensätzlichen Effekt führen, nämlich zu Stabilität und Klarheit für Alle, «peace of mind».
Philosophisch gesehen eigentlich nichts Neues: «Nichts ist so beständig wie der Wandel» soll der griechische Philosoph Heraklit von Ephesus9, 535-475 v. Chr., erkannt haben. Ob er dem Rudersport zugewandt war, ist nicht überliefert.
Live-Tipps zur Einführung und Umsetzung der «Vintage-Methode»© (kostenfrei für Club-mitglieder) geben die Ruderkumpel vom Team Vintage (fast) jedes Wochenende im Bootshaus gerne weiter: Adrian, Andy, Henning, Hilmi, James, Othmar, Saemi und Silvan.