Ein Interview mit Oliver Balsiger.

Von: Ines Michel 

 

Nachdem die Verhältnisse in der Zuger Bucht wegen zunehmendem Bootsverkehr, häufigen Winden und schwieriger Infrastruktur für die Durchführung grosser Ruderregatten immer ungünstiger wurden, fand der damalige Regattapräsident Robert Kull im Seewer Becken des Lauerzersees ein ideales Regattagelände. Seit 1986 bietet der See-Club Zug eine top organisierte und allseits geschätzte natio- nale Ruderregatta mit internationaler Beteiligung an. Doch warum ist die Regatta so beliebt? Was gibt es für Herausforderungen? Und wie viel Arbeit steckt eigentlich in einer solchen Veranstaltung?    

 

Grund genug, beim amtierenden Regattakomitee Präsidenten Oliver Balsiger genauer nachzufragen.  

 

Oliver, wie kommt man zu so einem Amt? Mit 13 Jahren habe ich im See-Club Zug mit dem Rudern angefangen. Bedingt durch Beruf und Lehre habe ich dann allerdings auch recht früh wieder mit dem aktiven Rudersport aufgehört. Das war im Jahr 1997. Damals habe ich das erste Mal an der Regatta im Ponton Team mit- geholfen. Da bin ich dann hängengeblieben und seitdem helfe ich – mit ein paar Unterbrüchen – mit. Irgendwann bin ich dann Ressortleiter geworden. Mein Vorgänger Andreas Rudolf wollte mich dann immer mal wieder für das Amt des Präsidenten begeistern und nach einigen Jahren Überredungs- arbeit war er erfolgreich. Seitdem habe ich dieses Amt inne. Das ist jetzt die vierte Regatta die ich als Präsident mitorganisiere, zwei davon mussten wir wegen Corona allerdings leider absagen.  

 

Wann beginnen die Planungen für einen solchen Anlass? Es gibt gegen Ende des Jahres zwei Sitzungen vom Verband. Dort treffen sich alle Regattaveranstalter und es wird die nächste Regattasaison besprochen. Effektiv los mit der Organisation geht es im Januar, mit einer ersten Sitzung des  Regattakomitee. Die  intensive Phase beginnt etwa fünf      Wochen vor dem Anlass, da habe ich dann regelmässig was zu tun.  

 

Was für einen Stellenwert hat die Regatta Lauerz? Bis im  letzten Jahr eröffnete die Regatta Lauerz die Wettkampfsaison in der Schweiz. Dieses Jahr haben die Tessiner diese Aufgabe übernommen. Im Ruderzirkus hat unsere Regatta einen sehr hohen Stellenwert. Wir haben eine exklusive Infrastruktur mit der Eishalle und der Badi. Der See ist absolut geeignet. Das macht sehr viel aus und die Athleten besuchen diesen Wettkampf sehr gerne. Heute ist die Regatta Lauerz eine nationale Regatta mit internationaler Beteiligung. Dieses Jahr haben wir wiederum Regattierende aus Deutschland und Italien.  

Samstagmorgen, vor dem Start der offiziellen Wettkämpfe, nutzt zudem Swiss Rowing unsere Infrastruktur für verbandsinterne Ausscheidungsrennen.

 

Das klingt nach einem gefragten Ruderevent… Das kann man so sagen. Dieses Jahr haben wir eine Rekordanzahl Meldungen erhalten, es sind rund 1200 Boote am Start. Wir sind jetzt an der Kapazitätsgrenze angelangt. Wenn man sich umschaut, haben wir kaum mehr Platz für Bootsanhänger und Boote. Das haben wir auch beim Aufstellen des Zeitplanes gemerkt. Der Beginn wurde um eine halbe Stunde nach vorne verlegt und Rennen, welche nicht vollständig gemeldet waren, mussten abgesagt werden.   Trotz dieser Optimierungen findet das letzte Rennen heute Samstag erst um viertel nach acht statt. Und was am    Samstag stattfindet, das findet auch am Sonntag statt. Wir fangen am Sonntag zwar früher an, müssen aber am Abend nach dem letzten Rennen auch alles wieder aufräumen.  

 

Das Aufstellen dauert bedeutend länger als das Abbauen. Es gibt Teile unserer Infrastruktur, welche glücklicherweise schneller ab- als aufgebaut sind, sodass wir dadurch den Grossteil am Sonntagabend noch zusammenräumen können. Dies ist  insbesondere bei der Regattastrecke der Fall, wo wir am Sonntagabend zwei Boote im Einsatz haben, um die Bahnen zusammenzuräumen. Ausserdem haben wir beim Abräumen mehr helfende Hände zur Verfügung, da wir uns dabei  stets auf die Unterstützung des Regattakaders des See-Club Zug verlassen können. Die schwimmende Infrastruktur wird dann ganz zum Schluss am Montagabend nach der Regatta ausgewassert. Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Teil des Komitees noch eine Nachtschicht einlegen muss.  

Unbenannt

Motiviert und gut gelaunt: die “Samstagsparkplatzladies”Steffi, Susan und Franziska (v.l.)

Lässt sich dieser Helferaufwand in Zahlen fassen? Den Helferaufwand in fixe Zahlen zu fassen, ist schwierig, es arbeiten einfach so viele Menschen mit. Alles in allem sind es gut  hundert Personen, welche uns am Anlass unterstützen. Je nach Aufgabe der Helfer gibt es andere Einsatzzeiten. Zum Glück haben wir seit Jahren einen Kern von  Helfern. Das gibt eine gewissen Routine und man muss nicht  jedes Jahr alles neu erfinden. Die Teams und Helfer arbeiten effizient zusammen und es kann sichergestellt werden, dass auch neue Helfer schnell eingebunden werden können und ihren Platz finden.  

 

Das Commitment ist spürbar. Der Schweizer Rudersport ist angewiesen auf solche top Anlässe wie unsere Regatta.  Durch unser Engagement können wir den jungen Athletinnen und Athleten einen super Anlass bieten. Das ist Lohn  genug und entschädigt für den grossen Aufwand, den wir alle betreiben. Dazu kommt noch das Kollegiale. Wir haben top Leute, die sich hier engagieren,  und wir haben  immer etwas zu lachen – auch wenn es regnet. Das gehört einfach dazu.  

 

Aber ehrenamtliche Helfer zu finden wird immer schwieriger. Aktuell haben wir grosse Probleme die benötigte Anzahl von Rettungsschwimmern zu finden. Hierfür braucht es ein Rettungsschwimmerbrevet, was nicht so viele Personen  nachweisen können. Das ist ein Sicherheitselement, welches was wir als Veranstalter auf dem See bieten müssen. Ebenfalls ist es uns in diesem Jahr nicht gelungen, Starter- kinder zu finden. Für mich gehört es zu einem top organisierten Ruderrennen einfach dazu, dass die Boote beim Start gehalten werden. Ich   möchte diese Qualität aufrechterhalten und es tut mir richtig weh, dass wir keine Starterkinder haben. Nun müssen wir die 2000m-Rennen dieses Jahr leider fliegend starten.  

 

Wie findet man Starterkinder? Ich habe im Vorfeld drei Schulen im Kanton Zug und sieben Vereine angeschrieben und gefragt, ob sie uns helfen möchten. Von den Schulen und einem Verein habe ich zumindest eine Absage erhalten. Von den anderen Vereinen habe ich bis heute nichts gehört.  

Ich denke, dies ist eine gesellschaftliche Veränderung, welche wir direkt zu spüren   bekommen. Glücklicherweise haben wir - wenn alles glatt  läuft - für nächstes Jahr eine Lösung finden können und wir werden  wieder Kinder am Start haben, welche diese wichtige Aufgabe übernehmen möchten.  

 

Gibt es Unterstützung vom Verband? Jeweils Ende Jahr finden zwei Sitzungen mit allen Regattaveranstaltern statt,  um  die kommende Saison zu koordinieren und die Regattadaten zu bestimmen. Ausserdem stellt Swiss Rowing die  Jury, ohne die wir  unseren Anlass nicht durchführen könnten. 

 

Bedeutet das nicht auch einen enormen finanziellen Aufwand? Um operationell tätig zu sein, braucht das Organisationskomitee der Regatta Lauerz einen gewissen finanziellen Spielraum. Wenn etwa auf dem See ein Streckenseil reist, dann kostet das schnell einmal einige Tausend Franken - und wir haben sieben solcher Seile.  Wichtig ist zu verstehen, dass wir kein eigener Verein sind. Wir sind ein Organisations-     komitee und organiseren die Regatta Lauerz für den See-Club Zug. Glücklicherweise können wir die Regatta mittlerweile finanziell unabhängig vom See-Club organisieren. Das funktioniert allerdings nur, weil wir uns - bis auf wenige Arbeiten – voll auf ehrenamtliche Helfer verlassen können. Die dadurch gewonnenen Gelder fliessen vollumfänglich  zurück in die Clubkasse und  ermöglichen die Anschaffung neuer Boote.  

 

"Wenn etwa auf dem See ein Streckenseil reist, dann kostet das schnell einmal einige Tausend Franken."

 

Eine grosse Verantwortung für das Organisationskomitee. Wenn die Regatta vorbei ist und wir alle Rennen ohne   nennenswerte Zwischenfälle durchführen konnten, bin ich jeweils sehr erleichtert. Aber auch dankbar über die grosse Unterstützung unserer vielen Helfer, welch unzählige    Stunden ihrer Freizeit für die Lauerz Regatta geopfert haben.  

 

Und zum Abschluss: was war das Highlight der diesjährigen Regatta? Ein U15 Junior ist heute auf dem Weg zum Start gekentert. Als die Rettungsschwimmer wenige Minuten später eintrafen, wollten sie ihn umgehend ins Rettungsboot holen. Der junge Sportler hat dankend abgelehnt und sie gebeten, ihm zurück ins Ruderboot zu helfen. Er meinte, er müsse dringend an den Start und das Rennen noch rudern. Wow, das ist Sportgeist!  

Und mein Highlight der diesjährigen Regatta!

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Stephan Wiget, Clubcoach  

“Für den See-Club Zug hat die Regatta Lauerz einen sehr hohen Stellenwert.  

Für das Regattateam ist es der Start in die Saison. In dem Sinn ist die Regatta wichtig als     Auftakt, aber eben auch erst der Anfang der Saison. Da ist noch nicht viel entschieden. Strategisch betrachtet ist die Regatta Lauerz der Ausgangspunkt für einen Prozess, welcher bis zum jeweiligen Saisonhöhepunkt läuft. Erste Annahmen, die wir als Trainer im Vorfeld getroffen haben, können verifiziert werden.  

Und trotz aller Nüchternheit sind wir natürlich sehr ge-spannt. Für uns ist es ein perfekter Start in die Saison: das Wetter stimmt, die Bahnen sind da und das OK hat alles gut im Griff.“